Neo – ehemals “Neostyle” – ist eine auf die deutsche Sprache optimierte Tastaturbelegung. Zwei der wichtigsten Grundlagen sind dabei die Buchstabenhäufigkeit und die Kombination in welcher sie vorkommen.
Unter Beachtung dieser Erkenntnisse ist es möglich ein Tastaturlayout so zu gestalten, dass beispielsweise möglichst gleich viele Anschläge mit der rechten wie mit der linken Hand passieren – idealerweise stets abwechselnd.
Häufige Buchstaben befinden sich näher an der Ausgangsposition der Finger als seltene. Sämtliche Selbst- und Umlaute sind einfach zu erreichen während auch die Eingabemethode von Sonderzeichen aus Fremdsprachen einem logischen Konzept folgt.
Die Mängel des QWERTZ Layouts
Das QWERTZ Layout ist bewusst darauf ausgerichtet, häufig verwendete Buchstaben schwieriger erreichbar zu machen. Zu Zeiten der Schreibmaschine erhöhte das aufgrund mechanischer Einschränkungen paradoxerweise den Schreibfluss.
Das alleine gibt Grund zu denken. Besonders interessant finde ich allerdings den Ansatz den ein Freund im Buch Rulebreaker fand. Dort ist beschrieben, dass Hersteller das Layout auch bevorzugten um die Langlebigkeit ihrer Schreibmaschinen zu erhöhen.
Erste Erfahrungen mit der Neo Tastaturbelegung
Seit fast zwei Jahren fasziniert mich die Idee dieses wissenschaftlich optimierten Tastaturschemas. Zwischenzeitlich habe ich gelegentlich meine Belegung auf Neo umgestellt, aber stets rasch bemerkt wie hinderlich das Umlernen für alltägliche Arbeiten war.
Während eines längeren Aufenthalts in Indonesien war meine Internetverbindung zehnmal langsamer und instabiler. Ich nutzte die Gelegenheit, passte mit Neo auch meine Schreibgeschwindigkeit an und nahm mir vor, diesmal meine Tastaturbelegung dauerhaft so eingestellt zu lassen.
Die Schwierigkeiten der ersten Tage
Ich konnte fast fühlen wie sich meine Gehirnwindungen neu verbinden mussten und versuchte, den Stress, der sich dabei einstellte, gelassen hinzunehmen.
Meine E-Mails wurden kürzer, aber meine Freundin beschwerte sich, dass sie das angenehme Prasseln der Tasten beim Einschlafen vermisste. 0.5 Anschläge pro Sekunde empfand sie anscheindend weniger entspannend.
Ein ganz anderes Problem stellten die neuen Tastenkombinationen dar. Während in Javaprogrammen nach wie vor STRG+C des QWERTZ Layouts galt (= STRG+Ä auf Neo) mussten ich in sämtlichen anderen (KDE-) Programmen die laut Neo geltende Postition des C verwenden (= R auf Neo).
Besonders unangenehm war das beim Ausschneiden. X (für STRG+X) befindet sich in Neo anstelle des QWERTZ Q und so musste ich mich immer konzentrieren um zu verhindern Anwendungen versehentlich mit STRG+Q zu schließen.
Tastenkombinationen in KDE auf Neo umstellen
Als Lösungsansatz wollte ich erst die Postionen von QWERTZ beibehalten, stellte fest, dass eine gänzliche Umstellung sinnvoll wäre und entschied anstelle der Positionen doch die bekannten Buchstaben beizubehalten.
Nachdem ich Neo als Belegung mit höchster Priorität gesetzt hatte (in KDE unter den Tastatureinstelleungen mit Knopf Nach oben an erste Postition stellen), galt zumindest für sämtliche Anwendungen die neue Variante.
Status nach den ersten beiden Neo-Monaten
Es stellte sich heraus, dass auch die nun neu postitionierten Tastenkombinationen gut und teils besser und niemals schlechter erreichbar waren.
Ungefähr nach zwei Monaten fühlte ich mich mit Neo halbwegs wohl und die Fehlanschläge waren soweit reduziert, dass das Schreiben zumindest stressfrei war.
Meine Tippgeschwindigkeit wurde erträglich, aber hinkte weit hinter der in QWERTZ, welche ich immerhin mehr als 15 Jahre lang trainiert und perfektioniert hatte.
Zu diesem Zeitpunkt empfand ich Neo als okay, aber den Aufwand zum Umlernen als zu hoch. Ich nahm mir vor, es nur jenen zu empfehlen für die es das erste Layout sein würde.
Große Vorteile bemerkte ich allerdings beim Programmieren. Dort genoß ich vor allem die angenehmen Postitionen der verschiedenen Klammern. Rund, eckig, geschwungen und spitz – alles befindet sich unter oder in nächster Nähe der Zeige- und Mittelfinger. Auch die Postitionen von Schrägstrichen, Frage- und Rufzeichen fallen mir täglich positiv auf.
Status nach dem dritten und vierten Neo-Monat
Nach zwei weiteren Monaten fühle ich mich nun sehr wohl mit Neo. Die Geschwindigkeit beim Tippen ist in Ordnung. Beim erneuten Abtippen des ersten Absatzes dieses Artikels erreiche ich 260 Anschläge bei 97 % Genauigkeit.
Verbleibende Schwierigkeiten
Freunde ärgern sich, wenn sie meinen Computer benutzen wollen – umgekehrt gilt das Gleiche.
Angeblich sollte man jederzeit problemlos zwischen QWERTZ und Neo wechseln können, doch bei mir scheint das anders zu sein. Im Gegenteil: Vor allem während der ersten Monate bemerkte ich wie meine Fehlerquote in Neo stieg, wenn ich kurz versucht hatte in QWERTZ zu schreiben.
Probleme mit VNC-Verbindungen
Nach wie vor Schwierigkeiten gibt es bei der VNC Verbindung zu einem Ubuntu 8.04 Server. Dort kommt es immer wieder zu sonderbaren Problemen. Und die an der Gegenstelle wiederum enthaltene virtuelle Windows-Maschine ist für mich mit Neo unbedienbar geworden.
Hingegen funktionieren RDP-Verbindungen via rdesktop(1) einwandfrei. So kann ich als Gast auch in einer Windows-Terminalsitzung mit Neo arbeiten.
Hilfestellung bei anderen Computern
In meinem Fall kommt es sehr selten vor, dass ich den Computer eines Anderen vor mir habe. Die meisten Hilfestellungen lassen sich via ssh(1) erledigen. Sollte es dennoch einmal notwendig sein, lässt sich das Schema zumindest bei Linux-Rechnern rasch auf Neo stellen und nach Abschluss wieder zurück setzen.
Bei Windows ist dies allerdings komplizierter und daher würde ich jenen von der Umstellung abraten, die oft mit solchen Geräten Anderer arbeiten müssen.
Weiter mit Neo
Für mich steht fest, dass ich bei Neo bleibe. Im Nachhinein betrachtet bin ich sehr froh, dass ich die Umstellung gemacht habe.
Es ist eine nette Herausforderung, welche alltägliche Aufgaben wie das Schreiben von E-Mails wieder interessant macht und letztendlich viel Nutzen mit sich bringt.
Sinnvollerweise sollte jeder das Schreiben im Zehnfingersystem gleich mit der Neo-Tastaturbelegung lernen.
Ich bin gespannt ob es einst zu einer weitläufigen Umstellung in den Schulen kommen wird, oder ob vorher andere Technologien das Tippen überflüssig machen.